Im Juli 2023 postete eine 57-jährige Frau aus dem Rhein-Pfalz-Kreis auf ihrem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil mehrere Beiträge. Darin kritisierte sie das Verhalten muslimisch stämmiger Migranten. Sie verwendete dafür unter anderem Begrifflichkeiten wie „fanatische Primatenkultur“ oder „das Volk aus dem Morgenland mit ihren Endlos-Forderungen“. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, die für die Verfolgung derartiger Straftaten zuständig ist, sah insgesamt den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und erhob Anklage.
Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) verurteilte die Angeklagte im März 2024 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50 Euro. Auf die Berufung der Angeklagten reduzierte das Landgericht Frankenthal (Pfalz) die Geldstrafe auf 60 Tagessätze zu je 20 Euro, da es davon ausging, dass die Angeklagte die Beiträge nicht selbst verfasst, sondern nur weitergeleitet hatte. Die hiergegen gerichtete Revision der Generalstaatsanwaltschaft hatte im Ergebnis Erfolg. Der Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken hob das Urteil auf und verwies das Verfahren wieder zurück an das Landgericht zur erneuten Prüfung einer Strafbarkeit.
Zur Begründung führte der Strafsenat aus, das Landgericht habe es unterlassen, den tatsächlichen Erklärungsinhalt der Äußerung zu ermitteln. Dies sei die Aufgabe des Tatgerichts und könne nicht durch das Revisionsgericht vorgenommen werden. Steht der tatsächliche Erklärungsinhalt der Äußerung fest, müsse das Landgericht, um die Strafbarkeit der Äußerung zu klären, dann eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem durch die Äußerung beeinträchtigten Rechtsgut vornehmen. Denn eine Meinung genieße grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit und verliere diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werde. Sie finde aber ihre Grenze in der Rechtsgutsverletzung anderer und müsse zudem stets dann zurücktreten, wenn die Äußerung die Menschenwürde eines anderen angreife. Denn die Menschenwürde als Wurzel aller Grundrechte trete hinter kein anderes Grundrecht zurück. Für einen Angriff auf die Menschenwürde reiche jedoch die Verletzung der Ehre allein nicht aus. Es sei vielmehr erforderlich, dass der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie, z.B. durch die Zuschreibung tierischer Wesenszüge, als unterwertiges Wesen behandelt werde.
Verfahrensgang:
AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 12. März 2024 - 1 Cs 52 Js 2538/23
LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 20. August 2024 - 4 NBs 52 Js 2538/23
OLG Zweibrücken, Urteil vom 03. März 2025 - 1 ORs 1 SRs 69/24