Das Modehaus Jost betreibt an mehreren Standorten in der Pfalz und Baden Einzelhandelsgeschäfte, die auch Damenoberbekleidung führen. Im Verfahren hat es u.a. die Modekette Betty-Barclay-Group verklagt. Die Modekette Betty-Barclay-Group vertreibt Damenoberbekleidung und besitzt u.a. im Zweibrücker Outlet-Center eine Filiale. Das Modehaus Jost begehrt von der Modekette Betty-Barclay-Group das Unterlassen der Öffnung der Filiale im Zweibrücker Outlet-Center an bestimmten Sonntagen, die gerichtliche Feststellung möglicher Schadensersatzansprüche und die Auskunftserteilung über Öffnungszeiten an bestimmten Sonntagen in der Vergangenheit. Das Zweibrücker Outlet-Center liegt in der Nähe eines Flughafens, dessen regulärer Verkehrsflugbetrieb mittlerweile seit mehr als zehn Jahren eingestellt worden ist. Das Modehaus Jost ist der Auffassung, das Öffnen der Filiale der Modekette Betty-Barclay-Group im Outlet-Center an bestimmten Feriensonntagen stelle einen Rechtsbruch und damit eine unlautere Geschäftshandlung dar. Die Gestattung der erweiterten Sonntagsöffnung zugunsten von Verkaufsstellen im näheren Einzugsgebiet des Flughafens nach § 7 Abs. 2 LadöffnG i.V.m. § 1 LadöffnG-DVO sei rechtswidrig.
Der 4. Zivilsenat hat nunmehr entschieden, dass die Modekette Betty-Barclay-Group im Zweibrücker Outlet-Center ihre Filiale während der rheinland-pfälzischen Oster-, Sommer- und Herbstferien sowie an den Sonntagen unmittelbar vor Ferienbeginn und nach Ferienende nicht mehr öffnen darf. Tut sie dies dennoch, wurde ihr bereits im Urteil ein Ordnungsgeld angedroht. Schadensersatz und Auskunft schuldet die Modekette Betty-Barclay-Group dem Modehaus Jost dagegen nicht. Der Senat hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass das Verhalten der Modekette Betty-Barclay-Group objektiv rechtswidrig sei, da die Landesverordnung, die die Sonderöffnungszeiten ausnahmsweise gestatte, wegen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot des Sonn- und Feiertagsschutzes nichtig sei. Die Landesverordnung sei zu einer Zeit erlassen worden, als in unmittelbarer Nähe der Filiale der Modekette Betty-Barclay-Group noch ein regulärer Verkehrsflughafen betrieben worden sei. Für die Zeit nach der Herabstufung des Flughafens Zweibrücken vom Verkehrsflughafen zum Sonderlandeplatz sei ein Bedarf an einer Sonntagsöffnung für den Sonderflugplatz Zweibrücken nicht mehr ersichtlich. So wies der Sonderflugplatz 2022 lediglich 780 Passagiere im gesamten Jahr auf. Durch den Wettbewerbsverstoß der Modekette Betty-Barclay-Group sei das Modehaus Jost auch spürbar beeinträchtigt. Hiervon sei der Senat nach Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens überzeugt. Der Sachverständige habe eine Umsatzreduzierung beim Modehaus Jost aufgrund der besonderen Sonntagsöffnungszeiten der Betty-Barclay-Group Filiale im Outlet-Center gerechnet auf den Gesamtumsatz von 0,0054 % festgestellt. Dies sei zwar lediglich eine sehr geringe, aber damit eben eine tatsächliche Beeinträchtigung. Nach dem Wettbewerbsrecht reiche eine nicht nur theoretische Beeinträchtigung aus, um einen Wettbewerbsverstoß anzunehmen. Schadensersatz und Auskunft schuldet die Modekette Betty-Barclay-Group dem Modehaus Jost dagegen nicht. Hier fehle es an einem schuldhaften Handeln der Betty-Barclay-Group. Diese habe auf die Wirksamkeit der Rechtsverordnung, die erst im Laufe der Zeit mit der Herabstufung des Flughafens nichtig geworden sei, vertrauen dürfen.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Weiterführende Hinweise:
Zum bisheriger Prozessverlauf:
Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat mit Urteil vom 4. August 2022 bereits über die Berufung des Modehauses Jost GmbH entschieden und die Klageabweisung des Landgerichts Zweibrücken bestätigt. Auf die Revision des Modehauses Jost GmbH hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken aufgehoben, weshalb es sich erneut mit der Sache zu befassen hatte.
Zum Verfahrensgang:
LG Zweibrücken - Urteil vom 15.10.2021 - HK O 46/20
PfOLG Zweibrücken - Urteil vom 04.08.2022 - 4 U 202/21
BGH – Urteil vom 27.07.2023 - I ZR 144/22
PfOLG Zweibrücken - Urteil vom 23.10.2025 - 4 U 202/21
Zu den maßgeblichen Vorschriften:
§ 1 der Landesverordnung zur Durchführung des § 7 Abs. 2 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 13.03.2007, GVBl. 2007, 65
Verkaufsstellen dürfen in den in der Anlage bestimmten Bereichen im näheren Einzugsgebiet des Flugplatzes Zweibrücken während der im Ferienplan für Rheinland-Pfalz festgelegten Oster-, Sommer- und Herbstferien abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 21. November 2006 (GVBl. S. 351, BS 8050-3) an Sonntagen in der Zeit von 11 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein. Wenn in den in Satz 1 genannten Ferienabschnitten der erste Ferientag ein Montag oder der letzte Ferientag ein Freitag ist, ist die Öffnung der Verkaufsstellen auch an dem dem ersten Ferientag vorausgehenden oder dem dem letzten Ferientag folgenden Sonntag zulässig. Am Ostersonntag sowie an Sonntagen, auf die ein gesetzlicher Feiertag fällt, ist eine Öffnung nicht zulässig. Während der nach den Sätzen 1 und 2 zugelassenen Ladenöffnungszeiten ist die Abgabe von Waren, die üblicherweise von Reisenden mitgeführt werden können, zulässig. Die sonstigen Bestimmungen des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz über zulässige Ladenöffnungszeiten an Sonn- oder Feiertagen bleiben im Übrigen unberührt.
§ 3a UWG
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.